Der Rufer in der Wüste oder: Wer schreit denn da?

Ein Spaziergang durch den Hofgarten erfreut nicht nur den Körper angesichts der Bewegung an der frischen Luft. Auch der Geist findet Erquickendes, Inspirierendes oder auch Irritierendes. Beispielsweise steht da diese riesige Plastik auf einem Hügel: Eine menschliche Figur, die sich quer über das Wasser der Landskrone die Seele aus dem Leib zu schreien scheint. Die Hände wie ein Schalltrichter zusammengelegt, der Körper leicht nach hinten gebeugt, als würde sie fürs laute Rufen Schwung holen. Wer die Figur von vorne betrachtet, sieht keinen Kopf, denn der ist eher klein und vor allem weit nach hinten zurückgelegt.

Knapp fünf Meter hoch ist die Bronzeguss-Plastik „Der Mahner“ von Wadim Abramowitsch Sidur. Ihr Name gibt Hinweise darauf, was uns der sowjetische Künstler sagen will: Es ist ein Mahnmal gegen Totalitarismus und Gewalt. Der in der georgischen SSR geborene Bildhauer litt zeitlebens unter der Repression des Sowjet-Systems, musste in einem muffigen Keller-Atelier unter miesen Bedingungen arbeiten, wurde niemals ausgestellt. Dabei werden sein Können und seine Bedeutung inzwischen mit Bildhauern wie Alberto Giacometti, Jacques Lipchitz und dem Briten Henry Moore auf eine Stufe gestellt. Von letzterem findet sich ebenfalls eine Plastik im Hofgarten. Die „Liegende Figur in zwei Teilen“ findet man nur wenige Schritte entfernt auf der Rückseite des Opernhauses.

Hat sich Sidur selbst abgebildet? Er litt – und mahnt daher andere vor Unterdrückung? Die Figur erinnert an die biblische Figur des Rufers in der Wüste. Doch was schreit er über den Teich? „Seid wachsam!“ oder „Fürchtet euch nicht!“? „Nieder mit Herren- und Klassendenken!“ oder „Freiheit für Minderheiten!“?

Der Hügel, auf dem der Mahner steht, heißt übrigens Ananasberg und wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Landschaftsgärtner Maximilian Friedrich Weyhe modelliert. Die Plastik ist ein durch und durch Düsseldorfer Engagement: Die Stiftung van Meeteren übernahm die Herstellungskosten, gemacht wurde sie von der Herbert Schmäke Kunstgießerei.

„Der Mahner“ hat sogar einen eigenen Eintrag in der Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Mahner

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