Clara – die starke Frau Schumann

Nachdem ich das 200. Geburtsjahr der begnadeten Pianistin Clara Schumann in meinem Blog verpasst habe, nun also dieser Beitrag zu ihrem 203. Geburtstag. Der wäre morgen: Am 13. September 1819 wurde sie als Clara Wieck in Leipzig geboren. Der MDR beschrieb sie als die Frau mit den „drei Leben“ – eines als Tochter, eines als Ehefrau, eines als Künstlerin.

Ihrem Mann Robert Schumann folgte sie im Herbst 1850 aus Sachsen an den Rhein. Er hatte das Angebot des Musikvereins angenommen, hier Städtischer Musikdirektor zu werden. Obwohl sie ein klavierspielendes Wunderkind war und von ihrem Vater in ganz Europa – namentlich in Wien und Paris – zu mehrmonatigen und wirtschaftliche sehr erfolgreichen Konzertreisen verpflichtet worden war, stand sie vom Ansehen her als Ehefrau hinter ihrem Mann zurück… außer wenn sie ohne ihn unterwegs war und wenn sie mal wieder mit ihren Konzerten den Lebensunterhalt der Familie bestreiten musste.

Clara Schumann 1853

Die Lebensgeschichte von Clara Schumanns ist zur Legende geworden. Als Kind wurde sie ziemlich gedrillt und musste definitiv nicht kindgerechte Klavierstunden und Übungsrituale über sich ergehen lassen. Es heißt, ihr strenger Vater Friedrich Wieck habe in sie vor allem zur Sicherung seines eigenen Wohlstands investiert, denn durch ihre Konzerte verdierte er als „Impressario“ ganz ordenlich. Ob auch väterliche Liebe bei der Förderung ihres Talents dabei war, kann ich nicht beurteilen. Dagegen spricht, dass er sie und ihr Talent ganz für sich haben wollte und daher ihre Heirat mit seinem ehemaligen Musikschüler Robert Schumann verbot. Vor Gericht mussten die jungen Liebenden dafür eine Erlaubnis erstreiten. Ich mag mir garnicht vorzustellen, welch miese Stimmung in dieser Familie geherrscht haben mang. Eine zerrüttete Familie, würde man heute vermutlich sagen. Claras große internationale Erfolge als Pianistin hatten sicher auch dazu beigetragen, dass sie für eine Frau unüblich selbstbewusst agierte.

Aus der Ehe mit Robert Schumann gingen sieben Kindern hervor. Wobei die ständigen Finanzsorgen eine weniger zahlreiche Familie vermutlich weniger belastet hätten. Denn die ständig stärker werdenen Krankheiten von Robert Schumann – von Hörverlust über Stimmungsschwankungen bis Selbstmordversuche war alles dabei – sorgten natürlich dafür, dass er nicht mehr viel verdiente. Welche Krankheit es nun war – ob manische Depression oder die Folgen einer Syphillis-Infektion – lässt sich im Nachhinein wohl nicht definitiv klären. Belegt ist jedoch sein Selbstmordversuch am Rosenmontag, dem 27. Februar 1854. Da stürzte er sich von der Düsseldorfer Rheinbrücke hinter dem Rathaus (eine Pontonbrücke, die es heute nicht mehr gibt) in den Fluss. Daraufhin wurde er in die Nervenheilanstalt nach Endenich bei Bonn gebracht.

Vermutlich schon vor diesem einschneidenen Ereignis agierte Clara Schumann quasi als Alleinerziehende ihrer sieben unmündigen Kinder. Ständige Existenznot umgab die Familie.

In dieser schwierigen Zeit stand ihr Johannes Brahms als treuer und fürsorglicher Freund zur Seite. Wie allerdings die Beziehung zwischen Brahms und Clara Schumann nun genau war – ob heimliches Liebespaar oder Schwärmerei, der keine Taten gefolgt waren – lässt sich heute nicht mit Bestimmtheit sagen.

Brahms vernichtete alle ihre Briefe

Fest steht, dass Brahms in Clara Schumann verliebt war. Zahlreiche Briefe zeugen davon. Was sich aber in der Zeit bis etwa 1856 zwischen ihnen tatsächlich zutrug, ist im Dunkel der Geschichte verschüttet. Clara Schumann und Brahms verabredeten, ihren Briefwechsel zu vernichten. Doch nur er hielt sich vollständig an die Abmachung. Sie konnte sich doch nicht so konsequent trennen und behielt einige Briefe. Diese verraten nun der Nachwelt etwas über ihre Beziehung, setzten aber den Spekulationen, ob sie nun ein Liebespaar waren oder ihre Freundschaft tatsächlich ausschließlich platonischer Natur war, kein Ende.

Die Evolution der Anrede: Von „Verehrte Frau“ über „Innigst geliebte Freundin“ zu „Geliebte Frau Clara“

In Brahms‘ erhalten gebliebenen Briefen sind alle Formen der Anrede anzutreffen: Anfangs „Verehrte Frau“, dann „Theuerste Freundin“, schließlich „Innigst geliebte Freundin“, zuletzt „Geliebte Frau Clara“. Im Brief vom 25. November 1854 brachte er seine überwältigende Freude über ein plötzliches Du zum Ausdruck:

„Theuerste Freundin, wie liebevoll blickt mich das trauliche ‚Du‘ an! Tausend Dank dafür, ich kann’s nicht genug ansehen und lesen, hörte ich es doch erst; selten habe ich das Wort so entbehrt, als beim Lesen Ihres letzten Briefes.“

Als der Jüngere hatte er es nicht gewagt, das „Du“ anzubieten, war es doch damals eine gar intime Anrede. Im Brief vom 31. Mai 1856 schrieb er sehr deutlich von Liebe und Zärtlichkeit:

„Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte Dir so zärtlich schreiben, wie ich Dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich Dir’s wünsche. Du bist mir so unendlich lieb, dass ich es gar nicht sagen kann. In einem fort möchte ich Dich Liebling und alles mögliche nennen, ohne satt zu werden, Dir zu schmeicheln. […] Deine Briefe sind mir wie Küsse.“

Roberts Tod ernüchterte das Verhältnis

Nach dem Tod Robert Schumanns im Juli 1856 wird der Ton in den Briefen deutlich nüchterner.

In einem undatierten Tagebucheintrag – für ihre Kinder gedacht – beschrieb Clara Schumann ihr Verhältnis zu Brahms:

„Gott sendet jedem Menschen, sei er auch noch so unglücklich, immer einen Trost […] Da kam J o h a n n e s B r a h m s. Ihn liebte und verehrte euer Vater, wie außer Joachim keinen; er kam, um als treuer Freund alles Leid mit mir zu tragen; er kräftigte das Herz, das zu brechen drohte, er erhob meinen Geist, erheiterte, wo er nur konnte, mein Gemüt, kurz er war mein Freund im vollsten Sinne des Wortes. […] Wohl kann ich euch sagen, meine Kinder, daß ich nie einen Freund so liebte wie ihn – es ist das schönste Einverständnis unsrer Seelen; […] glaubt eurer Mutter, was sie euch sagt, und hört nicht kleinliche und neidische Seelen, die ihm meine Liebe und Freundschaft nicht gönnen, daher ihn anzutasten suchen oder gar unser schönes Verhältnis, das sie entweder wirklich nicht begreifen oder nicht begreifen wollen.“

Patenonkel Johannes war oft bei Familie Schumann

Brahms war auch Pate des jüngsten Sohnes Felix https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Schumann_(Dichter). Diesen Namen hatte sich Robert Schumann ausdrücklich gewünscht – in Gedenken an seinen Freund Felix Mendelssohn Bartholdy. Doch so richtig harmonierte der Namen „der Glückliche“ nicht mit Felix‘ Schumanns Schicksal. Da Robert Schumann bereits vor Felix‘ Geburt verstorben war, verbrachte Brahms viel Zeit mit seinem 1855 getauften Patenkind und liebte ihn wie einen eigenen Sohn… oder war der Kleine doch eher Ausrede, um mit Clara Zeit zu verbringen? Wir werden es wohl nie wirklich wissen…

Ein einziges ihrer acht Düsseldorfer Wohnhäuser ist noch erhalten: In der Bilker Straße 15 lebten die Schumanns zwischen 1852 und 1855. Hier unterrichteten, musizierten und komponierten sie. Die Gedenkstätte in dem Haus wird aktuell gerade umfassend saniert.

Filmtipp: Der MDR zum 100. Geburtstag von Clara Schumann: https://www.mdr.de/kultur/aktion-preview-clara-schumann-film-100.html

Noch ein Film – über Robert, aber ohne Clara geht auch der nicht: https://www.geo.de/geolino/mensch/21256-rtkl-komponist-robert-schumann-der-grosse-musiker

Buchtipp: Irmgard Knechtges-Obrecht, „Clara Schumann. Ein Leben für die Musik.“, WBG-Theiss Verlag, 25 Euro

Hier ein lesenswerter Artikel zu der Biographie: https://musikverein-duesseldorf.de/wp-content/uploads/2019/11/rp211119.pdf

Einen Beitrag über „Robert Schumanns produktivste Jahre“ habe ich auch bereits in diesem Blog veröffentlicht.

Gerne wandele ich mit Ihnen auf musikalischen Pfaden durch Düsseldorf – und zeige Orte, die für die Musikgeschichte wichtig waren – von den Wohn- und Wirkungsstätten Robert und Clara Schumanns über das Kling-Klang-Studio von Kraftwerk bis zum Ratinger Hof, in dem die Neue Deutsche Welle und die Toten Hosen ihren Anfang nahmen. Kontaktieren Sie mich…bitte!

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