Röhrende Hirsche an der Wand über dem Sofa – das ist der Inbegriff von Spießigkeit. Deshalb habe ich häufig im Vorbeigehen durch den Hofgarten auf diesen röhrenden Hirschen geschaut und mich fast schon für diese konservative Bronzeplastik geschämt. Aber wie so oft gewinnen Dinge und Themen an Faszination, wenn man sich mit ihnen beschäftigt…
Hirsche sind stolze Tiere – und ein männliches Prachtexemplar beeindruckte Josef Pallenberg offensichtlich. Der Bildhauer wurde am 6. August 1882 in Köln geboren – übermorgen vor 142 Jahren.
Bekannt wurde Pallenberg als Tierplastiker. Er gestaltete unter anderem die Tierbronzen am Eingangstor des Hagenbeckschen Tierparks in Hamburg. Diese entstanden in seinem Atelier in Köln. Dort entstand, basierend auf Vorstudien in der Rominter Heide in Ostpreußen, auch der „Rominter Brunfthirsch“ für den Zoologischen Garten Berlin, wo er noch heute steht. Auf der Nationalen Kunstausstellung erhielt Pallenberg für ihn 1907 die Goldene Staatsmedaille.
Der Düsseldorfer Verschönerungsverein kaufte 1908 eine von WMF, der Württembergischen Metallwarenfabrik, angefertigte Replik dieses Hirschs an. Nach langem Hin und Her und mehreren Gutachten wurde sie 1909 hinter dem Hofgärtnerhaus, dem heutigen Theatermuseum, aufgestellt. Die Aufstellungskosten für das 400-Kilo-Prachtexemplar in Bronze auf einem Muschelkalksockel beliefen sich damals auf 8.000 Mark.





Am 5.8.1942 wurde die Skulptur im Rahmen der sogenannten „Metallspende des deutschen Volkes“ abgebaut. Sie überstand jedoch irgendwie den Zweiten Weltkrieg und wurde Ende 1945 wieder aufgestellt. 1956 versetzte man den „Röhrenden Hirschen“ an seinen jetzigen Standort im Hofgarten westlich der Kaiserstraße. Weil er im Laufe der 1960er Jahre mehrfach beschädigt, teilweise zerstört und reparaturbedürftig war, wurde er 1979 durch einen Bronzeneuguss ersetzt. Dies erklärt auch den Stempel der Gießerei: die Düsseldorfer Kunstgießerei Schmäke hat die heute zu sehende Bronzeskulptur gegossen. Wir haben also einen „Nachguss“ vor uns.
Das Original transportierte man zum städtischen Bauhof, wo es sich zumindest noch 1984 befand. Ob es heute dort immer noch irgendwo ruht? Oder ist es ebenso „verloren gegangen“ wie einst die Hundebank – das Pendant zur Katzenbank, für die der Verein Düsseldorfer Stadtführer die Patenschaft übernommen hat?
Josef Pallenberg war schon ein komischer Kauz. Er liebte Tiere – nicht nur als vorübergehende Modelle. Vielmehr lebte er mit ihnen zusammen. In seinem Atelier in der Nähe des Kölner Zoos hielt er ein Wildschwein und eine zahme Löwin namens „Juste“ sowie einen zahmen Wolf namens „Prinz“. Diese Menagerie kam bei den Nachbarn nicht gut an – vor allem, weil er diese wilden Tiere an der Leine ausführte. Deshalb zog er um. In Düsseldorf-Lohausen in der Niederrheinstraße 239 fand er sein neues Zuhause. Dort konnte er sich frei entfalten und richtete sich ab 1912 mit seinen kleinen Privatzoo ein. Das ging bis zum Zweiten Weltkrieg gut. Dann musste er sich wegen Futtermangels von einem Großteil seiner Tiere trennen, darunter auch sein geliebter Löwe „Hassan“.
Haus und das Atelier wurde durch eine Fliegerbombe schwer beschädigt. Dabei ging ein großer Teil seiner Arbeiten, Zeichnungen und seine anatomische Sammlung verloren. Was die Bombe überstand, waren 575 Plastiken aus Gips, Ton, Steinguss und Bronze und etwa 1300 Handzeichnungen. Diese wurden als Leihgabe ans Löbbecke Museum / Aquazoo überführt. Pallenberg überlebte das Bombardement und verstarb kurz nach dem Krieg im Jahr 1946 in Düsseldorf.
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